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Grund, 1. Nov. 1933

Liebes Käthy!

Nach langer Zeit auch wieder einmal einige Zeilen, sonst könntest Du noch denken, ich hätte Dich wieder einmal vergessen! Nun musst Du mir eben verzeihen, dass ich nie ein Zeichen gab, (aha natürlich kommen jetzt wieder die Ausreden). Am vorletzten Sonntag hatte ich das letzte Mal frei. Seit zehn Tagen hatten wir auch kein Arbeitsplan mehr und so dachte ich immer etwa ein Tag frei zu bekommen und Dich zu besuchen und gestern hats dann geheissen, dass ich für heute frei bekomme, hat mir natürlich schon gepasst, gedachte nachmittags zuerst auf den Friedhof zu gehen und dann nach Aegeri zu radeln! Das Wetter hat mir aber wieder ein Strich durch die Rechnung gemacht. Ich habe auch so eine leise Hoffnung gehabt, Dich vielleicht auch auf dem Friedhof 2 anzutreffen. Aber leider hat Dich mein suchendes Auge nirgends erblickt. Marie war auf dem Friedhof und unser Melk, der seine Stelle gestern in Küssnacht aufgegeben, ist mit ihm in den Rätix gegangen. Letzten Samstagabend war ich auch bei Deinen Lieben, sie sind gesund und munter und lassen Dich grüssen, wenn ich etwa einmal zu Dir kommen sollte, nun will ich Dir die Grüsse aber vorerst schriftlich übermitteln. Ich hoffe, sie Dir aber bald mündlich zu überbringen. Und nun gute Geduld bis dann!

An der Stossbahn ist es ziemlich ruhig geworden. Es fährt nurmehr am Morgen und Abend ein Kurs und hie und da gibt es etwa eine Dienstfahrt. Wir müssen auch helfen holzen und Lawinenverbauungen machen. Wir würden gern etwas schönes Wetter haben, es ist steil und bei dem kleinen Schnee sehr schlipfrig. Auch ist wieder ein anderes Seil gekommen, welches wir 3 anstelle des alten hermachen müssen. Hoffentlich saust es diesmal nicht mehr hinunter. Pfyl ist mit seiner Frau im Schlattli eingezogen. Er wird sich nun wohl etwas besser halten und hie und da ein Glas weniger trinken oder wenigstens der Inhalt desselben. Der Direktor ist auch wieder aus den Ferien zurück und er war auch einmal im Schlattli, es hat aber leider nicht gepasst ihn wegen der Zulage für den Stoos anzusprechen. Er muss sich auch noch zuerst mit dem Verwaltungsrat aussprechen. Es ist also, wie Du siehst, alles ziemlich beim Altern und ich kann Dir da wenig Neues berichten. Bei Dir wird es wohl auch nicht viel Neues gegeben haben.

Ich will nun schliessen, indem ich hoffe, dass wir es das nächste Mal wieder mündlich machen könne.

Und nun nichts für ungut, mein Liebstes, und sei herzinnig gegrüsst und geküsst von Deinem treuen

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N.B. Lisi sagt, ich hätte heute nicht schön geschrieben, das nächste Mal soll ich wieder vorwärts statt rückwärts schreiben. Verzeihe also die schlechte Schrift. Es will mir überhaupt nicht mehr so aus den Händen gehen, muss aber wieder einige Briefe schreiben nach Amerika auf Neujahr und da komme ich vielleicht wieder etwas in die Übung.

Also lebe wohl, das Nachtessen ist gerüstet und s’Anny droht mir alles über den Haufen zu werfen.

Alois

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