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Schwyz, 27.Nov. 1933

Herzinniggeliebtes Käthy!

In stiller Ruhestunden will ich zur Feder greifen, um Dir einige Zeilen zu widmen. Du musst mir aber verzeihen, wenn ich nicht mit der Innigkeit schreiben kann, wie es der andere kann, oder wie Du sagst, ich es in Amerika gekonnt habe. Ich kann Dir selber nicht sagen und selber nicht recht verstehen, warum ich es nicht mehr kann, jedenfalls weil man damals alles schriftlich, und gar nichts mündlich besorgen konnte. Aber ich will mein möglichstes tun. Allerdings muss ich Dir zum Voraus bekennen, dass ich Dir jedenfalls nicht viel Neues schreiben kann und haben wir uns in der Nacht von Donnerstag so ziemlich ausgesprochen, oder ich habe 2 Dir damals zu beweisen versucht, dass ich nicht so leicht gewillt bin, unsere Bekanntschaft zu lösen. Für das bist Du mir sicher viel zu lieb, mein liebes Käthy. Ich gebe zu, dass ich nicht immer war, wie ich hätte sein sollen und Du durch diese Gelegenheit oder besser gesagt Vernachlässigung angefangen hast, Deine Liebe zu teilen. Und erst dann habe ich gesehen, was Du mir bist, und leider Gottes habe ich es fast zu spät gemerkt, dass ich alles aufbieten muss, um Dich wieder für mich zu gewinnen. Allerdings hast Du mir die Frage bei unserer letzten Zusammenkunft noch offen gelassen, ob mein Bemühen von Erfolg sein wird oder nicht. Und auch heute hat man nichts weiteres herausgebracht, aber wenn ich mich nicht täusche, ist noch nicht alles verloren. Ich weiss wohl, dass es Dir hart 3  fällt, Dich zu entscheiden. Gebe Gott, dass Du gut wählst. Es ist ja möglich, dass Dir der andere mehr zu bieten imstande ist. Aber nachdem ich nun eine Lebensstellung habe, darf ich doch hoffen, Deinen wie meinen und wenn uns Gott Kinder schenken sollte auch deren Lebensunterhalt bestreiten zu können und Dir anzubieten, dass wir ohne starke finanzielle Sorgen zu leben imstande sind. Dass meine Stelle auch Schattenseiten hat, gebe ich zu, aber leider kann ich da auch nicht helfen. Es hat übrigens kaum grossen Wert auf all diese Sachen hinzuweisen, nachdem wir diese ehe mehr als einmal besprochen haben.

Allerdings sind auch noch andere Gründe, die Dir die Wahl schwer machen, aber ich hoffe, dass sich meine Fehler in letzter Zeit durch meine langjährige Treue bei Deiner Entscheidung etwas ausgleichen 4 werden. Mögen die armen Seelen Dich nun gut beraten und ich hoffe, dass Du so oder anders glücklich wirst, Dein Leben lang.

Muster für eine Kleidung habe ich heute geholt, ich muss sie dann bei Tageslichte noch einmal betrachten. Die Wahl steht zwischen einer braunen und grauen Kleidung. Ich will nun schliessen, der Franz und Melk wollen nach Schönenbuch und ich werde Dich hoffentlich nicht vergrauen, wenn ich auch für einige Stunden mit gehe, seit einem Jahre bin ich nicht mehr ins Francis gewesen. Also, lebe wohl mein liebes Käthy und ich wünsche Dir viel Glück zu Deiner Wahl, hoffe aber noch einmal mit Dir vorher reden zu können und inzwischen grüsst und küsst Dich innig Dein treuer

 

Alois

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