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Salinas (Calif), den 01. Sept. 1931

Liebes Käthy!

Dein lb. Brieflein habe ich beim Heimkommen aus meinen Ferien erhalten, es hat mich gefreut und ich verdanke es Dir von Herzen. Wenn auch der frühere lb. Ton darin nicht mehr so sehr zum Ausdruck kommt, so glaube ich doch wahrzunehmen, dass Du Dich wieder etwas beruhigt hast. Du schreibst aber, dass Du in einem Punkt noch nicht ganz im Klaren seiest, hast aber auf die Sache nicht mehr weiter eingehen wollen. Dann schreibst Du auch, dass Du meiner Heimkehr nicht mehr mit derselben Freude entgegen sehen kannst wie früher. Mein lb. Käthy. Ich kann Dich nach all dem vorgefallenen sehr gut verstehen, muss aber doch noch einmal auf Dein vorletztes Brieflein zurückkommen, da Du mit meinem Antwortschreiben nicht ganz zufrieden warst. Du hast mir zwar nichts angedeutet, über was Du noch nicht im Klaren bist, muss aber annehmen, dass es jedenfalls der Kernpunkt der ganzen Sache ist, nämlich der Satz, dass wenn mir Deine Unzufriedenheit zuwider oder ein andererseitiges Verhältnis angenehmer erscheinen 2 sollte, Du sofort bereit seist jetzt aus dem Wege zu gehen und auf meine Liebe zu verzichten. Im letzten Briefe habe ich versucht Dir alles darzustellen wie es sich verhält und so glaubte ich, über diesen Satz hinweg gehen zu können, aber wie es scheint, muss ich da etwas deutlicher werden. Liebes Käthy, ich hoffe, dass Du die nachfolgenden Zeilen richtig auffassen und verstehen wirst und darin mir nichts für übel nehmen wirst. Vor allem darf ich schreiben, dass ich nie ein anderes Verhältnis angefangen noch unterhalten habe, seit ich mit Dir in Briefwechsel stehe. Und dann kam es mir nie und kommt es mir auch jetzt nicht in den Sinn unser Verhältnis aufzulösen, weil mir Deine Unzufriedenheit zuwider ist, auch wenn mich Dein vorletztes Brieflein nicht (ich muss es gestehen) grad angenehm berührt hat. Aber da Du mir Gelegenheit geboten, unser Verhältnis von mir aus so leicht zu lösen (welches ich Dir danken muss) fühle ich mich verpflichtet, Dir auch das gleiche anzubieten, denn ich liebe und achte Dich zu sehr, als dass ich Dich fürs Leben an einen Mann binden möchte, dem Du nicht Deine ganze Liebe und Dein Vertrauen schenken kannst, auch wenn es dabei meine eigene Person betrifft. Wenn Du also glaubst mit einem anderen Burschen ein besseres Lebensglück zu machen, so darfst Du es mir ruhig schreiben. Nicht dass ich Dich gern 3 lasse, gewiss nicht, aber ich möchte Dir nur das Beste fürs Leben gönnen. Ich möchte Dich bitten, diese Zeilen nicht etwa falsch auszulegen, sie sind sicher aus treuem Herzen geschrieben und ich hoffe, dass Du sie auch richtig auffassen wirst.

Und nun will ich von anderen anfangen. Leider kann ich Dir in Sachen Tramführerstelle nichts Neues schreiben. Zwei Tage bevor ich Dir über die Anstellung geschrieben, habe ich je eine Anmeldung an Herrn Klein, Strassenbahndirektor und eine an die Dir. der Brunnen-Morschach-Bahn und auch einen Brief an Herrn Messmer abgeschickt, wie es mir der letztere mitgeteilt hatte, und nun habe ich noch von keiner Seite Antwort erhalten. Ich vermute, dass die Briefe verloren gegangen sind, werde nun aber wieder an Messmer schreiben, um zu ergründen was eigentlich los ist. Möchte Dir bei dieser Gelegenheit auch noch für den Zeitungsausschnitte danken, es ist zwar auch eine kleine, aber in anderer Form geschriebene Mitteilung in der Schwyzer Zeitung erschienen.

Die Ferien sind nun schon acht Tage vorüber und wir hatten eine recht schöne gemütliche Zeit. Wir waren unsere vier, Josef Tschümperlin, beide Schoch und ich. Zuerst ging es ziemlich ins Gebirge und der Ort, von wo ich Dir die Karte geschrieben, liegt über 2000 m hoch, führt aber eine schöne Autostrasse hinauf. Es ist dies einer von 4 den schönsten Punkten, den ich jemals gesehen. Auf der Reise kamen wir auch oft durch Wüsten, wo nichts anderes wächst als das Gesträuch und 50 und mehr Kilometer fahren kann, bis man wieder an ein Haus oder an ein Dörfchen kommt. Leider hatte ich auch in diesen Ferien wieder keine Gelegenheit die Family Eberhardt zu besuchen, da wir nie nach San Franzisco kamen. Würde auch gerne einige Bilder senden, sie sind aber noch nicht fertig.

Wenn es mir recht ist, habe ich schon berichtet, dass mein Bruder Jos. nun bloss etwa 5 km von hier arbeitet. Er fährt für einen Urner Farmer ein Milchauto im Dorf Salinas herum. Die Stelle gefällt ihm recht gut. Für eine Zeit lang war er unpässlich, ist aber wieder in Ordnung. Von Marie habe ich schon lange nichts mehr gehört. Hatte ihm auf Ostern geschrieben, aber noch nie Antwort erhalten. Es muss denk zum Fränzeli schauen und hat nicht mehr so viel Zeit übrig. Wie es scheint, bist letzten Frühling auch nicht ganz in Ordnung gewesen, hoffe aber, dass Du wieder gesund und munter bist.

Nun will ich zum Schluss gekommen. Ich habe gewiss versucht, Dir alles darzustellen und zu schreiben wie mein Herz denkt und was ich für Dich empfinde und in der Hoffnung, dass Du mich in allem verstehen und mir nichts für Übel nimmst, schliesse ich und es grüsst und küsst Dich, mein Liebstes, Dein treuer

 

                                  Louis

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