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Salinas (Calif), den 05. Mai 1931

Mein Liebstes!

Nachdem ein für Salinas wieder ein ungewöhnlich heisser Tag (ca. 38° am Schatten) vorbei ist und einem lauen schönen Abend Platz gemacht hat und in einem Nebenzimmer auf einen Phonograph heimelige Schwyzer Tänze gespielt werden, will ich meine Gedanken zu Dir in die ferne Heimat schweifen lassen und sie aufs Papier bringen. Vorerst verdanke ich Dein lb. Brieflein, welches mich recht freute. Es ist mir leid, dass ich Dich das letzte Mal etwas lange auf Antwort warten liess, zuerst wollte ich sofort schreiben, habe es dann etwas hinausgeschoben auf Ostern zu schreiben. Also, nichts für ungut, mein Liebchen.

Dass ich Onkel geworden bin, hatte ich vorher durch die Zeitung erfahren, aber nicht gewusst, wie es etwa gegangen 2 ist. Ich hatte gedacht Du habest etwa Krankendienst getan, da Du auf Mitte März heim wolltest. Es freut mich, dass Mutter und Sohn gesund und munter sind. Marie hat mir noch nichts geschrieben davon, es wird nun aber wenig vorige Zeit haben fürs Schreiben.

Jos. hat mir vor etwa zehn Tagen ein Brieflein aus dem Spital geschrieben. Er hatte schon eine Zeit lang Rheumatismen an den Hüften. Letzthin wollte er über einen Hag steigen, ist dann ausgeglitten und fast in einen Brunnentrog gefallen, worauf die Schmerzen wieder erst recht kamen. Er liess sich dann einmal untersuchen und röntgen, der Arzt konnte aber nichts anderes als schlechte Mandeln feststellen, so liess er diese herausschneiden, wie ich letzten Sommer. Denke, er ist nun wieder daheim. Etwa 14 Tage vorher war er wieder einmal hier, das zweite Mal seit er in Amerika ist. Wir hatten wieder einmal ein Schwyzer Tanz und so kam er hinunter mit Louis Ender und meiner Cousine Marie Immoos. Unsere Köchin hatte auch Verwandte von ihr 3 eingeladen von San Jose und dann waren die meisten Schwyzer von Salinas beteiligt, denke es waren mehr als 30 Personen. Die von auswärts gingen erst anderen Tags heim und so fuhren wir am Vormittag hinüber ans Meer. Wir hatten zwar etwas blauen -  die anderen hatten eine Weile, ich gar nichts geschlafen, denn am halb zwei musste ich vom Tanzen weg an die Arbeit. War aber doch anderen Tags recht gut in Ordnung. Es waren recht gemütliche Stunden. Wollte nur Du wärst auch hier gewesen, hättest Dich sicher gut amüsiert. Wir müssen nun halt noch etwas Geduld haben, später kommts besser oder glaubst Du nicht auch? Lege Dir da zwei Bilder bei, eins ist am Meer und das andere auf der Farm abgenommen. Möchte Dich aber bitten, nicht etwa misstrauisch zu werden, wenn ich auf einem Bild "schön" zwischen drin bin. Das hinter meinem Bruder ist Marie Immoos und das andere eine Miss Kaufmann, Vater, Mutter und ein Schwesterchen sind auch drauf, dann die Köchin mit den zwei Kindern. Der zweitäusserste 4 ist Ernst Schoch, mein bester Freund und der äusserste ist Josef Tschümperlin, den Du ja auch kennst. Kaufmanns sind auch gute Freunde zu Enders in Tracy, habe sie dort einmal gesehen vor 4 Jahren.

An Wilhelm Messmer habe ich vor einiger Zeit geschrieben, aber bis jetzt noch keinen Bericht erhalten. Habe ihm auch von unserem Verhältnis geschrieben und müsstest Du also nicht erstaunt sein, wenn er Dich etwa einmal anreden würde. Hoffe, dass sich etwas günstiges finden lässt. Den Zeitungen zufolge wollen die Verhältnisse in Europa allerdings auch so wenig besser werden als in Amerika und so wird es vielleicht etwas hart sein etwas rechtes zu kriegen. Aber es wird schon etwa etwas geben.

Und nun, mein liebes Käthy, bringt uns jede Woche dem Ziel etwas näher, und dann können wir das leidige Schreiben einmal bleiben lassen und unsere Gedanken einander mündlich anvertrauen. Das jetztige studieren beim Briefe schreiben können wir dann mit herzen und küssen ersetzen, was mir gewiss viel lieber sein wird, oder geht's Dir nicht auch so?

Und nun, mein Liebstes, für heute muss ich diese Küsse noch einmal aufs Papier bringen, die aber gleichwohl recht innig sind, wie die Grüsse, die Dir sendet Dein treuer

 

                                  Louis

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