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Schwyz, den 16. April 1931

Mein lieber Alois!

Nachdem das Tagwerk verbracht und alles in nächtlicher Ruhe ist, will ich meine Gedanken zu Dir in die ferne Welt ziehen lassen. Vor allem herzlichen Dank für das lb. Brieflein, das ich erhalten vor 14 Tagen, und zwar in der ersten Stunde, die ich, zurück aus Altdorf, wieder zu Hause war. Es fehlte wenig, wär jenes vor mir angekommen. Es freute mich sehr, wieder einmal ein solches zu lesen, nachdem ich mit Geduld - manchmal auch mit Ungeduld – schon längst in Erwartung eines solchen war. Bald hätte ich es für gut erachtet, anderen „Schangsen“ nicht ganz 2 abschlägig zu sein, wenn Dich das Schreiben, oder erst recht das Heimkommen nicht mehr freuen sollte. Nun, dass ja das Schreiben auch nicht Dein Vergnügen ist, so wenig wie das meine, ist ja zu begreifen und das lange Ausbleiben für diesmal zu entschuldigen. Aber ich will nicht hoffen, dass es mir deswegen im letzten Jahr noch zu langweilig werde. Nach Deinem Schreiben könnte doch die Zeit rücken, wo wir unsere gegenseitigen Aussprachen mündlich besorgen können, so Gott will, dass diese unsere Hoffnung und Freude sich erfülle.

Nun will ich aber kurz von den letzten Geschehnissen was melden. Als erste Neuigkeit, die Du zwar vielleicht 3 schon vernommen, ist im Rätix ein Stammhalter geboren worden. Mutter und Kind freuen sich eines guten Befindens. Den Krankendienst versah eine Tante von uns, ich war ja in Altdorf bis zum 2. April. Da war das frohe Ereignis längst geschehen. Am St. Josefstag konnte ich frei machen und ging bei dieser Gelegenheit nach Schwyz und ins Obdorf, wo also die Familie Zuwachs erhalten hatte. Es freute mich das muntere Befinden meiner Schwägerin, die eben das erste Mal wieder s’Bett verlassen hatte. Ich erinnerte mich, wie wir vor Jahresfrist fröhlich beisammen waren, als das glückliche Brautpaar die Ringe wechselten. Und nun hangen schon die Windeln vor dem Haus. So ist der Welt Lauf. An Ostern erlebten wir wieder ein 4 kleines schönes Festchen, da Bruder Karl sich verlobte mit Rosa Aufdermauer. Die Heirat ist verschoben auf den Herbst. Nun will ich noch schreiben, dass ich in Altdorf gut abgeschlossen und in gutem Einklang stand, nachdem es mir anfänglich gar nicht recht gefiel. Wenn ich französisch könnte, wäre ich vielleicht noch dort. Nun weiss ich noch nicht, wo ich im Sommer mein Brot esse, habe aber die beste Hoffnung, dass sich was finden lasse. Vorläufig bin ich mit der Arbeit, besonders im Nähen, noch nicht ausgekommen. Nun lieber Alois, will ich schliessen und hoffe, dieses etwas flüchtige, doch lieb gemeinte Brieflein werde Dich gesund und wohl antreffen, wie es mich und uns alle verlässt. Indem alles dem göttlichen Schutz anbefohlen, grüsst und küsst Dich herzlich Dein treues

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​Schlafe recht wohl!

                            Käthy

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