top of page

Salinas (Calif), den 18. March 1931

Mein fernes Lieb!

Mit einem recht frohen Ostergruss möchte ich dieses Brieflein beginnen. Viel Glück und Freude wie auch Sonnenschein im Herzen möchte ich Dir, mein Liebstes, wie auch all Deinen Lieben auf Ostern gewünscht haben. Bis in einem Jahre hoffe ich Dir diesen Glückwunsch dann mündlich zu überbringen im Falle es Gottes Wille ist.

Dein Brieflein habe ich mit Freuden und herzlichem Dank erhalten. Wie es scheint, hast nicht grad ein angenehmer Winter hinter Dir. Dieses Brieflein wird Dich wohl zu Hause antreffen, wo Du, wie ich hoffe, fröhliche Tage verleben wirst. Wirst denk dann im Rätix das Amt einer Nurse ausüben müssen. Dass Du es lieber gesehen hättest, wenn ich auf Weihnachten heimgekommen wäre, kann ich gut begreifen, es freut mich aber auch, dass Du mir da zugestimmt hast. Herrn Messmer werde ich in den nächsten 2 Tagen einmal schreiben. Wenn es am Tram nichts nützen sollte, weiss er mir vielleicht etwas anderes. Er ist auch noch mein Firmgötti. Es wird dann wohl etwas Arbeit geben. Der Zeitung nach muss es allerdings schlecht sein in Europa, aber ich denke in diesem Lande sind die Verhältnisse auch nicht viel besser. Der letzte Winter war der schlechteste seit vielen Jahren und es will nicht besser werden. Weiss der Herrgott wie das noch herauskommen soll. Die Farmer machen auch sehr harte Zeiten durch. Sie bekommen wenig für die Milch, fürs Getreide und Schlachtvieh und wenn sie etwas kaufen müssen, ist alles verhältnismässig noch teuer. Die Löhne sind ziemlich zurückgegangen. Sie zahlen uns auch 10 Dollars weniger. Aber die Hauptsache ist, dass man immer gesund ist und Arbeit hat. Im Winter war es hart eine gute Stelle zu kriegen. Auf den Frühling wird es natürlich wieder etwas besser. Seit 1. März müssen wir auch mit der Maschine melken. Je zwei Mann haben jetzt 90 Kühe zu melken. Zuerst hat es uns nicht gefallen, nun sind wir uns wie auch die Kühe besser gewohnt und es ist grad so “ring” als von Hand melken. 3

Sie können mit dem 3 Melker ersparen, ob sie aber mit dem etwas verdienen bezweifle ich sehr, denn einmal geben sie etwas weniger Milk und dann richtet man auch mehr Euter zu Grunde. Pfyl ist bei dieser Gelegenheit auch um seine Stelle gekommen, er kann aber auf dem Felde anfangen schaffen, wenn er will. Gegenwärtig ist er in den Ferien, dürfte aber heute oder morgen zurückkehren. Das Geld denke ich, darf man schon noch hier lassen, die hiesigen Banken sind ziemlich gut und es verkracht selten eine in Calif., in den östlichen Staaten ist es in dieser Beziehung viel schlechter, besonders in Arkansas und gegen New York hin. Sie bezahlen hier immer noch 4% Zins während z.B. die Kant. Bank Schwyz nur 3½% bezahlt. Wegen dem Glauben musst Du Dir keine Sorge machen, bete immer etwas, allerdings mit dem “s’Chilä ga” steht es etwas schlecht, seit Tschümperlin fort ist, hat keiner mehr ein Auto, wenigstens von den Melkern, ohne einer der schon 17 Jahre in diesem Lande ist und der geht nur an den hohen Festtagen. Die andern sind alles junge 4 Melker und scheuen die Kosten für ein Auto, da fast alle wieder in die Schweiz zurückkehren wollen. Es ist eben Amerika und man muss sich da etwa drein schicken, aber den Glauben habe ich wegen dem nicht verloren und wenn man dann einmal daheim ist, hat man dann auch wieder Gelegenheit zum gehen.

Mein Bruder ist noch immer auf dem gleichen Platz und befindet sich, so viel ich weiss, immer bei guter Gesundheit. Er ist ziemlich sparsam und dürfte auch schon einige Dollars beisammen haben. Seit den Ferien im August habe ich ihn nicht mehr gesehen, hoffe aber, dass er im Verlauf des Frühlings einmal hinunter kommt. Von Eberhardts weiss ich nicht viel, wir haben beim Jahreswechsel eine Karte ausgetauscht. Hoffe, es sei alles gesund.

Und nun will ich für heute wieder einmal schliessen, das schreiben geht mir immer unlieber, dem Marie sollte ich aber doch auf Ostern noch ein paar Worte schreiben. Ich danke Dir also noch einmal herzlich für Dein Brieflein und auch besonders für die Glückwünsche zum Geburtstag und indem ich hoffe, dass Dich in diesem Briefe nichts unangenehm berühren wird

grüsst und küsst Dich innig Dein treuer

                                  Louis

bottom of page