top of page

Altdorf, den 25. Jan. 1931

Lieber ferner Alois

Du wartest jedenfalls schon lange auf ein Brieflein, das aber leider immer noch hier der Ausfertigung wartet. So empfange endlich den herzlichsten Dank für das lb. Brieflein, das ich auf Weihnachten erhalten und das mich im Allgemeinen recht freute. Doch will ich Dir gleich aufrichtig schreiben, dass mich der Punkt wegen dem Heimkommen im ersten Moment nicht so recht erfreute. Ich kann Dich ja ganz gut begreifen und muss es gewiss gutheissen, wenn Du den Winter lieber noch in Amerika ausnützest. Mein Herz schlug allmählich 2 in Freude, wenn ich an diese nächste Weihnacht dachte, und Dich dann endlich nicht mehr missen müsste. Ein schöneres Fest könnte ich mir nicht denken, und im Nu wär das nun auch da, denn der Sommer geht ja rasch vorbei, und da denkt man weniger daran, dass es langweilig sei, aber auch den ganzen Winter bis Ostern. Mein Gott, dann ist‘s als ob’s nicht werden wollte. Hingegen wenn Du den ganzen Winter ohne Arbeit hier wärest, würde es mir doch auch nicht gefallen, das war schon eines manchen Untergang. Und schlecht steht es nun einmal überall, man wird sehen müssen, wie es etwa weitergeht. Hast Du eigentlich immer noch Interesse für ans Tram oder wie denkst Du etwa? Für diesen Fall, würde es vielleicht nichts schaden, wenn Du an Herrn Wilhelm Messmer 3 schreiben und ihn fragen würdest, wie etwa die Aussichten seien und Dich resp. anmelden würdest. Da er Aktionär und im Vorstand ist, könntest bei dem eher etwas erreichen. Und wie hast Du Dir Dein Geld angelegt, ist das sicher? Es ist geradezu bedenklich, wenn man hört und liest von vielen Bankkrächen in Amerika. Mein Lieber, bring Du Deine Barschaft lieber rechtzeitig in die Schweiz in Sicherheit. Zurzeit regiert hier ziemlich die Influenza. Ich war letzte Woche auch nicht recht im Strumpf, mochte mich aber dem Betthüten erwehren und jetzt ist es wieder besser. Am ersten Fastnachtstag war ich in Schwyz, hab mich maskiert und alsdann gut amüsiert bis um 12 Uhr und dann mich zur Ruhe gelegt, um am andern Tag wieder „täfel“ zu sein. Bei den Eltern hab ich leider nicht allzu freudigen 4 Bericht erfahren. Der unglückliche Bruder Josef war es, der ihnen die Weihnachtsfreude so verdorben. Nach langem sei er da mit seiner Frau wieder mal heimgekommen, und sie haben ihre Schuld bekannt und um Verzeihung gebeten. Um der Familie die grösste Schande zu ersparen, kostete es im Augenblick finanziell grosses Opfer. Nebstdem befindet sich meines Wissens alles gut, so dass ich immer mit Freude heimdenke. Auch das Haus hat ein schöneres Kleid gekriegt und Wasser holen ist aus der Mode gekommen. Karl hat die Heirat nochmals vom Frühling auf den Herbst verschoben: seine Liebste geht im Sommer auf den Bürgenstock. Nun Schluss, liebster Alois! Ich wünsche nur, dass diese flüchtigen Zeilen Dich gesund und wohl erreichen und in derselben Stimmung antreffen, wie sie mich verlassen. Gott behüte Dich und sei in christlicher Liebe herzlich gegrüsst und geküsst von Deinem treuen

​

​

Wie steht es eigentlich mit dem religiösen Gefühl und mit dem Beten? Hoffentlich bist Du unverändert geblieben.

​

                            Käthy

​

bottom of page