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Salinas (Calif), den 28. Juni 1932

Mein liebes Käthy!

Mit etwas sonderbaren Gefühlen muss ich mich niedersetzen, um Dein lb. Brieflein, welches ich mit Freuden und herzinnigem Dank erhalten habe, zu erwidern. Ich darf da ruhig schreiben, dass ich diese Antwort von Dir erwartet und Du mich in keiner Weise enttäuscht hast. Dass Du nicht mehr länger ins ungewisse hineinleben willst, kann ich gut begreifen und ich hatte mich schon vor dem Eintreffen Deines Briefes entschlossen im Juli heimzukommen und habe auch das Geld vom letzten Monat an die Kantonalbank Schwyz geschickt, um dann anfangs Juli alles schicken, um auf diese Weise kein Zins zu verlieren. Das Geld von Josef Tschümperlin hoffte ich dann vor meiner Abreise zu erhalten. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt, könnte man auch hier sagen. Als ich gestern Mittag zum 2 Essen kam, sagte man mir, das Haus auf der “Salinas Valley Diary” sei abgebrannt und man habe gar nichts retten können. Ein Teil des Hauses hat nun dem Josef Tschümperlin gehört. Er hat vor zwei Jahren mit zwei Urnern eine Farm gepachtet, er hat die Küche gehalten und die Milch an die zwei anderen verkauft, die sie dann im Dorf verhausierten. Alle drei miteinander haben dann ein neues Haus gebaut und das Geschäft ist ihnen ziemlich gut gegangen und sie konnten immer von den Schulden abbezahlen. Dass sie ziemlich viel solch hatten, ist zu begreifen, wenn man ein Haus bauen, die Kühe kaufen, zwei Autos für die Milch verführen und sonst noch viel anderes anschaffen musste. Aber es ging wie gesagt leidlich und sie kamen langsam aus den Schulden heraus. Und nun wollte vorgestern Abend ein Arbeiter von Josef Tschümperlin Gasoline von einem Fass in den Lastwagen laufen lassen und ich weiss nicht, hat er geraucht oder ein Zündholz angezündet. 3 Kurz, auf einmal fing es an zu brennen, das Fass hat es verjagt und alles Benzin hoch in die Luft geschleudert und ist brennend auf das Haus geprasselt und im Nu war alles in Flammen und die Bewohner konnten nur retten, was sie am Leibe trugen. Die zwei Kinder des einen Urners waren kurz vorher ins Bett getan worden, es war abends 8 Uhr. Man kann von Glück reden, dass niemand umgekommen oder verletzt wurde. Aber Mobiliar konnte gar keins gerettet werden. Wir waren gestern Abend bei ihnen und ich habe da mit dem Josef Tschümperlin wegen dem Geld gesprochen. Wenn sie das Geld von der Versicherung für das Haus erhalten, glaubt er, mir das Geld bis Ende August zurückzahlen zu können, im anderen Falle kann’s eben länger gehen. Vielleicht dass sich die Versicherung wehrt, da die Benzinfässer zu nah beim Haus waren (ungefähr 10 m). Es wäre auch noch hart genug für sie, wenn die Versicherung 4 bezahlen würde, wenn man alles Gewandt, Möbel, Küchengeschirr und alles was in ein Haus gehört, frisch anschaffen muss. Dem Josef hatte ich 1550 Dollar geliehen und Du wirst begreifen, dass es für ihn hart ist unter den geschilderten Umständen das Geld so schnell zurückzugeben und Du wirst es auch begreifen, dass ich nicht gern heimkomme ohne dieses Geld. Von Enders kann ich vorläufig auch nichts kriegen. Die Zeiten sind eben sehr hart für die Landwirtschaft in diesem Lande. Auf der Bank und was ich noch an Lohn zu gut habe, habe ich, dieses Mal will ich es Dir schreiben wie ich ungefähr stehe, ca. 1600 Dollar. Mit Enders und Tschümperlins wären es also etwa 4300 Dollar oder 21’000 Franken, was ich bis jetzt erspart habe. Aber wie gesagt, aufs Enders kann ich in so naher Zeit nicht so viel rechnen und so bleiben mir noch die 3100. Es tut mir gewiss leid, Dir dieses zu schreiben, aber ohne das Geld von Josef Tschümperlin kann ich mich nun einmal 5nicht entschliessen, heimzukommen. Bis im Herbst hoffe ich es allerdings zu erhalten im Falle mit der Versicherung alles glatt abgeht. Es dürfte nicht zu lange dauern, bis sie dieses wissen, und dann will ich es Dir dann auch schreiben. Wenn’s das nicht gegeben hätte, hätte er mich im Juli bezahlen können und so hätte ich auch mein Versprechen Dir gegenüber halten können. Mein liebes Käthy, ich hoffe, dass Du mich da in allem verstehen kannst und mir nicht böse bist, weil ich unsere Wiedersehensfreude dann noch einmal verschieben muss. Solltest Du aber die Geduld verlieren oder mir nicht glauben oder auch nicht trauen können, so magst Du ruhig tun, was Dir beliebt. Ich kann es gut begreifen, wenn Du nach dieser langer Zeit auf eine Entscheidung drängst, aber mein Versprechen im Juni oder Juli heimzukommen, will ich unter diesen Umständen nicht halten. Deine Bemerkung betreff Stoosbahn mag recht sein, aber so schnell fangen sie laut Zeitungsberichten auch noch nicht6 an zu bauen. Von der S. S. B. habe ich Bericht erhalten, sie wollen mir, wenn eine Stelle frei wird, berichten oder wenn ich in der Schweiz sei, solle ich mich darüber erkundigen. Man muss nun alles vorwegnehmen und Gottes Wille in allem walten lassen. Es kommt alles wie es muss. Oder glaubst Du nicht auch, mein Liebstes?

Das Examen für das Bürgerrecht ist gut abgelaufen und wäre ich nun auch Amerikaner. Auch Ernst Schoch ist es geworden und haben wir miteinander Ende May ein Schwyzer-Tanz gegeben, bei dem es recht lustig herging. Es dürfte wieder lange dauern bis wir einen halten können, denn es sind 2 Handorgeln und zwei Klarinetten mitverbrannt und die Stimmung unter den hiesigen Schweizern ist etwas gedrückt.

Und nun will ich für heute schliessen. Möchte noch Deine liebe Karte und die freundliche Grüsse vom Obdorf verdanken. Mein Liebstes, nimm mir bitte nichts übel, es tut mir gewiss leid, so handeln zu müssen, aber ich hoffe, Du kannst mich begreifen und mit dem will ich abschliessen, mit vielen sehr innigen Grüssen und Küssen Dein treuer

                                  Louis

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