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Salinas (Calif), den 06. Nov. 1931

Mein Liebstes!

Schneller als auch schon will ich diesmal zur Feder greifen um Dein lb. Brieflein zu erwidern und Dir viel Glück und Segen zu wünschen zu Deinem Namens- und Geburtstage. Wenn es Gottes Wille ist, werde ich Dir dann übers Jahr einmal Deine Kragennummer nehmen dürfen, gegen das Du Dich hoffentlich nicht etwa mit Gufen oder Nadeln wehren wirst! Wünsche also noch einmal recht frohe Stunden zu diesen zwei Festtagen.

Dein Brieflein hat mich von Herzen gefreut, wie auch die schönen Bildchen und ich verdanke Dir alles aufs beste. Wie es scheint, hat Dich mein letztes Briefchen wieder einmal aufzuheitern vermocht und kannst Du nun wieder eher an meine Liebe glauben. Nur nicht verzagen, mein Liebes und alles "vorzuä" nehmen, wie es der Herrgott uns schickt, es kommt ja doch alles wie es muss. Leider kann ich Dir auch heute noch nichts weiteres 2 schreiben betreff der Stelle. Ich habe einige Tage nach Deinem Briefe an Herrn Messmer geschrieben, aber bis heute noch nichts von ihm erhalten. Erwarte alle Tage Bericht von ihm. Weiss nicht, was los ist, dass ich wegen dieser Sache nie etwas zu vernehmen vermag. Hoffe aber, dass sich alles zum Guten ändern wird. Allerdings, wenn man so die Zeitungen liest aus der Heimat und sieht, wie schlecht die Arbeitsverhältnisse in der Schweiz oder überhaupt in Europa sind, ist es eine kitzelige Sache hier einen guten Platz aufzugeben und diesen mit einer riskierten Zukunft zu vertauschen. Aber wenn man eine einigermassen rechte Stelle kriegen würde, sollte man mit dem, was man bis jetzt erspart hat, doch etwa durchkommen. Habe zwar noch ziemlich Geld ausgeliehen, sie hoffen zwar, dass sie es mir geben können, wenn ich dieses Land verlassen werde. Es schwimmen auch nicht alle Leute im Geld in diesem Lande und es ist für viele Farmer ebenso schlecht oder noch schlechter als in der Schweiz. Hoffe aber, dass Du Dich wegen dem nicht etwa aufregst, habe auch noch einige Dollar auf der Bank und mit Geld kann man das Glück ja auch nicht erkaufen. Wenn's nichts anderes gibt, wirst Du mich also auf den Frühling erwarten dürfen. Länger wirst Du ja doch kaum mehr warten wollen. 3

Und nun von anderem. Von Marie habe ich letzthin auch wieder einmal ein Brieflein erhalten. Wie es schreibt, gefällt es ihm recht gut im Eheleben und haben sie schon viel Freude an meinem Neffen. Er ist aber so furchtbar mager und sollten sie ihm mehr zu essen geben, dass er auf einem Bilde das Maul aufsperrt wie ein junger Vogel, wenn ihm die Alte etwas zum Neste bringt! Sollte ihm auch bald einmal schreiben, denke aber zu warten, damit der Brief auf Weihnachten eintrifft. Sonst scheint sich in der Heimat alles so im alten zu befinden und soll alles gesamt und wohl sein, was mich auch freut. Gefreut haben mich auch all die Prämien, die meine Verwandten mit von der Ausstellung heimnehmen konnten. Kannst dann die im Obdorf auch grüssen, wenn Du sie einmal treffen solltest. Dem Josef gefällt es recht gut auf seinem Platze, wir treffen uns alle Wochen ein oder zwei Mal. Ich weiss nun noch nicht, ob ich Dir einige Bilder aus den Ferien beilegen kann, sie sind gegenwärtig beim Photograph zum Entwickeln, muss aber morgen ins Dorf und es ist möglich, dass sie gemacht sind. Hatten gestern Zahltag oder wie man hier sagt den "Check gekriegt" und muss wieder einige Dollar4 auf die Bank tun!- In letzter Zeit sind wir hier ziemlich ruhig gewesen und wir hatten seit zwei Monaten kein Tanz mehr in Salinas, ich meine Schweizertanz, andere wären genug, gehen aber nie. Morgen über acht Tage wäre nun ein Schweizertanz in San Jose und wenn das Wetter etwa günstig ist, werden wir auch gehen. In 14 Tagen ist auch wieder einmal ein Tanz in hier, eine sog. Geburtstagsparty, gegeben von Josef Tschümperlin und Adolph Schoch. Hoffentlich wird es recht gemütlich.

Und nun bin ich mit meinen Neuigkeiten so ziemlich zu Ende gekommen. Möchte Dir noch schreiben, dass ich in dem Hause, wo Du jetzt arbeitest, mit Sevel Aufdermauer noch einmal einen gemütlichen Abend verlebt habe und dann bis mittags elf Uhr dort geschlafen habe, dann mit ziemlich guter Laune heimgekommen bin, um am Abend wieder an die Schönbächlerkilbi zugehen. Marie könnte Dir auch noch davon erzählen, musst es nur einmal fragen. Und nun will ich schliessen. Hoffe nicht, dass Dich, mein Liebstes, in diesem Briefe etwas unangenehm berühren wird und empfange recht viele herzinnige Grüsse und Küsse von Deinem treuen

 

 

 

 

                                  Louis

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