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Salinas (Calif), den 10. April 1930

Mein liebstes Käthy!

Um Dir Dein Herz an dem Hochzeitstag Deines Bruders mit meiner Schwester leicht oder wenigstens leichter zu machen, will ich Dich vorher noch mit einem Brieflein erfreuen. Ich habe noch einige Zeilen von meiner Schwester erwartet, um zu sehen, was es schreibt, bevor es die schöne, aber auch ernste Stunde überschreitet um der geliebtesten Seele die Hand fürs ganze Leben zu reichen. Aber bis heute ist noch nichts eingetroffen und so muss ich ohne dieses schreiben, sonst erhältst Du den Brief zu spät. Leider habe ich es auch vergessen, Dich mit einem Ostergrüsschen zu erfreuen, was Du mir aber verzeihen wirst und ich hoffe, dass Du die Festtage trotzdem mit frohem Herzen begehen kannst, während ich dieses schreibe, sind sie ja noch nicht vorüber. 2

Dein Brieflein habe ich mit Ungeduld, aber dafür mit grösserer Freude und herzinnigen Dank erhalten. Auch habe ich die Geburtstagskarte wie auch die kurzen, aber herzlichen Zeilen vom 22. Februar in die Hände gekriegt. Ich wusste nicht recht, was da los ist, als ich die erstere erhielt, ich dachte fast, ich hätte Dir letztes Jahr beim Schreiben den Monat verwechselt. Die verschiedenen Bilder von der Sennenkilbi haben mich auch sehr gefreut und ich bin da nicht so sehr erschrocken, als ich sie betrachtete, wie Du geglaubt hast. Auf demjenigen vor dem Bären bist Du etwas undeutlich, aber dann bei weitem nicht das wüöschtisch. Es dünkt mich aber auch, es habe an früheren Sennäkilbenen umeinander schöne Maitli gehabt. Dass Du Sennämaitli warst, hatte mir meine Schwester geschrieben, aber nicht gesagt mit wem, aber ich habe den richtigen dann sofort vermutet. Wieso, will ich Dir nachher schreiben. Dass Du lieber einem anderen Sennämaitli, 3 gewesen wärst, kann ich Dir gut glauben, denn Marie hatte mir auch geschrieben, dass Du viel lieber auf diese Ehre verzichtet hättest und Dir die ganze Sache wenig Freude hat machen können. Hoffe aber doch, dass Du Dich trotzdem hast gut amüsieren können.

Die grösste Überraschung seit ich in diesem Lande bin, war dann schon der Bericht von Marie, dass es schon im Frühling heiraten will. Es hat zwar geschrieben, dass wenn ich bald heimkommen und Nebenhochzeiter sein wolle, sie noch ein wenig warten würden. Könnte es aber nicht richten, die Zahlen im Bankbuch sind noch zu klein, und so habe ich ihm wie auch Joseph einige Dollar geschickt um ihm die Aussteuersorgen etwas zu erleichtern. Ich würde es allerdings wünschen an diesem Fest dabei zu sein, ist es ja doch die einzige Schwester, dazu noch eine recht liebe, die um ihre Brüder immer sehr besorgt war und die nicht am wenigstens dazu beigetragen hat, dass die Geschwister immer gut 4 zusammengehalten haben. Ich hoffe, dass Dein Bruder in ihr eine gute liebe Frau heimführen wird, der lb. Gott seinen Segen zu diesem Bunde und die zwei einem glücklichen Familienleben entgegengehen werden. Den Gruss von Franz verdanke ich aufs beste und er sei von Herzen erwidert. Betreff Deiner Anfrage wegen meines Heimkommens kann ich Dir mitteilen, dass wenn es Gottes Wille ist, der von Dir angebene Zeitpunkt mit meiner Rechnung so ziemlich übereinstimmt. Es liegt ja alles in Gottes Hand und er wird alles leiten, wie es kommen muss, ohne dass wir da viel machen können und so meine ich, solltest Du Dir Deinem Herz wegen dem nicht allzu schwer machen. Es wird alles etwa kommen wie es muss. Oder meinst Du nicht auch?

Wie es scheint hättest Du genug Gelegenheiten mit anderen Bekanntschaften anzufangen, was ich Dir gut glauben kann. Föhn Anton wird nun wohl auch vernommen haben, wer ihm im Wege steht, nachdem Alois 5 heimgekommen ist. Er ist von hier abgereist ohne auch nur von einem seiner vielen Verwandten Abschied genommen zu haben. Es hat von all diesen niemand ein Wort von seiner Abreise vernommen, bis er jedenfalls schier daheim gewesen ist. Nun, mich hat dieses sehr wenig geärgert, aber andere Verwandten haben es doch empfunden, dass er nicht Abschied nahm, da sie ihm doch nichts in den Weg gelegt hatten. Wie zum Beispiel Frau Reichmuth. Ich denke, er wird Amerika nicht stark rühmen und ebenso wenig seine Verwandten, aber wenn man so sehr empfindlich ist wie er und alles anders auslegt und verdreht, kann man eben nicht helfen. Möchte zwar nicht, dass Du ihm bei einer eventl. Begegnung etwas von diesen Zeilen verlautest. Dass wir ein Verhältnis haben, weiss er schon.

Wieso ein Bruder von H. Aufdermauer weiss, dass wir früher Bekanntschaft hatten, weiss ich auch nicht. Ich weiss auch nicht welcher Xaver heisst, aber so wie ich sie kenne, sind alles rechte arbeitsame Burschen und ich kann es gut 6begreifen, dass Du es Dir etwas hart ankam ihm die Wahrheit zu sagen. Es hat mich gefreut, dass Du mir all dies geschrieben und es ist jedenfalls auch besser so, trotzdem Du gemeinst, Du habest zuviel verraten. Aber es könnte auch anders kommen, wenn man solche Dinge verschweigen würde. Hier nur ein Beispiel. Es arbeitet seit zirka 3 Monaten ein Pfyl hier, der, bevor er in dieses Land kam, bei Pfyl im Obdorf Knecht war. Er hat den Kopf voll «Krusel». Dieser kennt nun fast alles im Obdorf und Dorfbach. Wir haben nun miteinander einmal die Mädchen durchgenommen. Laimbachers Rösel hat ihm dann doch gut gefallen. Er hat mir dann sagen können, dass ein Bruder von Deinem Sennäbuob zu dieser geht. Von unserem Verhältnis wusste er nichts, aber als ich ihn fragte, ob er Dich kenne, hat er bejaht und gesagt, dass der Theodor Ulrich zu Dir z’Dorf gehe. Soviel ich gemerkt habe, hat ihm L.R. einmal geschrieben7 und ihm dieses auch zu schreiben gewusst. Ich bin wegen dem allerdings nicht fast erschrocken, denn ich dachte, dass er jedenfalls zu kurz kommen würde und Du Dich mit ihm kaum in ein ernstes Liebesverhältnis einlassen würdest. Es war dann auch so, wie ich Deinem Briefe ersehen konnte. Aber wenn man solches gegenseitig verschweigen würde und dem andern Theil solche Sachen zu Ohren kommen würden, könnte daraus doch Misstrauen entstehen. Wegen dem habe ich auch den Thedor als Sennäbuob vermutet. Du darfst allerdings wegen dem nicht glauben, dass ich etwas an Deiner Treue und Liebe zu mir zweifle, gewiss nicht, mein Herzliebstes, und ich möchte Dich bitten, auch fernerhin alles frei und offen zu schreiben und Du musst nicht glauben, dass ich alles so schnell anders auslege.

Mein Bruder Albert hat scheints Angst bekommen, als er von den schlechten Zeiten in diesem Lande gelesen hat. Es pressiert ihm nicht nach Amerika zu kommen. Nun, er ist ja 8 noch jung und es ist im allgemeinen nicht gut, wenn die Leute zu jung nach Amerika kommen. Es hatte allerdings sehr viele Arbeitslose letzten Winter und haben auch solche, die sonst gerne arbeiten, keine Arbeit gefunden. Ich selber kann mich nicht beklagen, habe immer noch 100 Dollar, ebenso ist Jos. mit seiner Stelle (seit er in dieses Land kam, arbeitet er immer auf dem gleichen Platz) zufrieden. Am Sonntag vor 14 Tagen war ich einmal für 2 Tage bei ihm, oder wir waren mehr bei Enders, Jos. arbeitet nicht weit davon. Ich verlebte da wieder recht gemütliche Stunden. Jos. hatte einen Photo-Apparat gekauft, sende Dir da einige Bildchen. Über Neujahr war ich nicht droben, denn es war mir unmöglich in die Ferien zu gehen. Jedenfalls gehe ich dann im Juli oder August. Vielleicht mache ich mit 2 andern (wovon einer mit einem Mädchen von Washington verheiratet) per Auto einen Ausflug nach Washington. Es ist zwar ziemlich weit, aber wenn man 18-19 Monate immer gearbeitet hat 9 darf man sich auch einmal etwas gönnen.

Samstag Abend wird ein Deutscher Priester in Salinas sein und da haben wir gute Gelegenheit die Ostern zu machen. Es werden jedenfalls 8-9 Melker gehen. Ich habe sie in San Jose gemacht vor 14 Tagen als ich nach Tracy ging, aber es wird nichts schaden, wenn ich auch nochmals gehe. Deinem Wunsch einmal etwas für eine Kirche oder dergleichen etwas zu geben, will ich gerne nachkommen und ich hatte schon lange im Sinn einmal einige Fr. für die Kirche nach Aufiberg zu senden. Werde nun bei passender Gelegenheit etwas für diese und etwas für die Kapelle in Ibach schicken.

Das Bild von der Farm kann ich Dir auch diesmal nicht schicken. Sende den Brief per Flugpost, sonst ist er zu spät. Bilder, Pakete oder dergleichen sind aber sehr teuer zu schicken auf dem Luftweg. Vielleicht hast Du ja nicht einmal grosses Interesse daran. Habe dem Marie eins geschickt und dieses wirst Du gesehen haben.

Betreff dem Geldkurs kann ich Dir mitteilen, 10 dass dieser wieder gut ist. Als ich dem Marie Geld sandte, bekam ich für 100 Dollar 514 Franken. Letzten Oktober war er einmal für einige Tage schlecht anlässlich des Börsenkraches, ist aber sofort wieder gestiegen.

Und nun bin ich mit meinen Neuigkeiten so ziemlich am Ende. Ich wollte nun nur, ich könnte über das Hochzigleben einige Tage daheim sein. Du darfst gewiss sein, dass ich über diese Tage mit meinen Gedanken oft in der Heimat und bes. bei Dir verweile. Bis in etwa 2 Jahren sind wir dann, wenn es Gottes Wille ist, vielleicht auch bald so weit. Wir wollen nun mit frohem Mut und festem Gottesvertrauen auch dieser Zeit noch entgegentreten. Sich die Herzen darüber schwer zu machen, nützt da nach meiner Ansicht nicht viel. Wenn es des Herrgotts Wille ist, dass wir zusammenkommen, werden wir einander schon finden und hat er es anderes bestimmt, können wir sicher nichts dagegen tun. Wir müssen immer alles etwa nehmen wie es kommt. Oder meinst nicht auch mein Liebchen? Und nun wünsche ich euch allen frohe Festtage und grüsst und küsst Dich inniglich Dein treuer

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N.B. Die Adresse nun: Louis Ehrler, R.I. Box 310, Salinas

                                  Louis

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