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Salinas (Calif) März 25. 1928

Mein liebes Käthy!

Nach etwas langer Zeit will ich mich anschicken, Dein lb. Brieflein, welches ich vor Monatsfrist mit freudigem Herzen und herzinnigem Dank erhalten habe, zu erwidern. Es freute mich dieses wieder, wie auch das mir wohlwollende Schreiben von Deinen lb. Eltern über alles. Vorerst möchte ich aber auch den herzlichsten Dank aussprechen an Deine lb. Eltern und ich hoffe, Gott möge mir die Gnade verleihen und die Schutzengel mögen mich immer derart behüten und leiten, dass ich ihre Mahnung erfüllen kann und mir ihr Haus jederzeit offen steht, wie es jetzt der Fall ist. Wir wollen nun alles nehmen wie es kommt und Gott bitten, dass er alles so leiten werde, wie es in seinem unerforschten Willen festgelegt ist und uns unser Tun und Handeln zum Nutzen und Segen gereichen möge. Es kommt alles etwa wie es muss. Auch freuten mich und verdanke ich Dir, die zwei Karten von der Sennenkilbi sehr. Es haben mich dieselben, noch mehr aber Deine Schreibweise über das gutverlaufene Sennenfest fast etwas angeheimelt und ich gebe meinem Bruder Paul ganz recht, wenn er sich in jungen Jahren2auch einige lebensfrohe und genussreiche Stunden gönnt. Bei mir ist die Fastnacht ganz ruhig abgelaufen. Ich habe am Güdeldienstag eine Weile getanzt in einem Bauernhaus. Aber es ging ganz gut ohne viel Lustbarkeiten. Am Güdelmontag habe ich mich allerdings für einige Stunden zu Dir gewünscht. Aber es ging oder besser gesagt, es musste auch ohne das gehen.

Dafür habe ich mir dann etwas später vier ruhige Tage erlaubt. Ich bin nämlich, was Du aber vielleicht aus den Federn von Herrn Eichhorn schon wissen wirst, nicht mehr in der Nähe von Sacramento. Wie ich Dir ja geschrieben, gefiel es mir nicht recht bei Scheibers. Als ich nun die Neujahrswünsche an meine Reisegefährten Gebrüder Tschümperlin schrieb, habe ich bemerkt, dass es mir auf dem Platz nicht recht gefalle und sie mir einmal schreiben sollen, wenn sie gelegentlich etwas wissen. Joseph, der im Mättivor Knecht war, hat mir nun vor einem Monat geschrieben, dass neben ihm eine Stelle offen sei und ich da einen Stringen melken könne. Ich habe dann auf dem alten Platz aufgehört. Da nun fast am Wege von Sacramento gegen Salinas drei Schwestern von der Mutter wohnen, so habe ich gedacht, diese einmal zu besuchen. Die erste wohnt 1 Stunde mit der Bahn unter Sacramento, dann die in Banta, wo ich gearbeitet habe und eine in3 San Jose. Es haben alle drei erwachsene Kinder, die zwei ersten besitzen Farmen, während die andere in Kleider waschen und glätten sehr gut bewandert ist und nun mit Hilfe von zwei Mädchen, die auch schön Geld verdienen, ziemlich Geld beieinander hat. Die Kinder von allen dreien verstehen allerdings alle deutsch, sprechen es aber nicht gern, sondern reden fast immer Englisch. Es sind aber alle äusserst freundlich und man wird da immer sehr gut aufgenommen. Natürlich, die Eltern können dann schon noch Deutsch. Bei Scheibers habe ich allerdings ziemlich Englisch gelernt und ich konnte mich auch mit den Cousins und „Cousinlänä“ ganz gut auf Englisch unterhalten. Mit dem Louis Ender, der das Autounglück gehabt hatte, nun aber schon lange wieder in Ordnung ist, bin ich besonders gut eins und wir haben immer Briefwechsel, natürlich in englischer Sprache, da er nicht deutsch schreiben kann. Zuerst musste mir immer einer helfen, diese Woche habe ich ihm nun allein einen geschrieben. Ich kann Dir allerdings nicht sagen, wie viele Fehler darin sind, er wird es mir dann schon schreiben. Aber aller Anfang ist schwer und Übung macht den Meister. Auf dieser Stelle kann ich nun auch eine englische Schule besuchen und so lernt man immer etwas mehr, allerdings auf dem Platze selber nicht so viel, da alles Schwyzermelker sind. Neben 4 Tschümperlin und mir sind von Schwyz noch ein Imlig und Alois Lüönd von der Schmittgasse. Der Platz selber gefällt mir ganz gut und wenn nichts ausserordentliches dazwischen kommt, werde ich jedenfalls längere Zeit hier verweilen. Die Kost ist gut, das Zimmer auch und die 30 Kühe sind auch ziemlich schön zu melken. Tschümpelin sorgt auch für Unterhaltung mit seinem guten Humor und seinem Orgeli und ich bin nun so ziemlich zufrieden. Es fehlt nun nur noch, dass ich Dich nicht in meiner Nähe habe und bei Dir nur in Gedanken verweilen kann, was allerdings oft geschieht, während des Tages. Auch kann ich ja Deine liebe Photo anschauen und hie und da ein Küsschen draufdrücken - kann oder darf man ja auch, aber viel schöner wäre eben hie und da so „selbander“ auf dem Kanapee, um einander Aug in Aug zu schauen und die Gedanken einander mündlich anzuvertrauen. Oder glaubst Du nicht auch? Aber wann wird es wohl zu dem kommen, der Herrgott weiss es.

Dein lb. Brieflein erhielt ich gerade am Tage beim Weggehen in Sacramento. Ich hatte dann noch Gelegenheit, aber leider nur kurze Zeit, Herrn Eichhorn aufzusuchen und mit ihm zu sprechen. Wie er sagte, hatte er einen Brief für Deinen lb. Vater angefangen und so wird er seine Erlebnisse selber etwa geschrieben haben. Er hat mir einen Gruss an alle aufgegeben und ich ihm auch, den er, wie ich hoffe 5 in seinem Briefe ausgerichtet hat. Er sieht gut und gesund aus und hat eine gutbezahlte Stelle. Es kann nun wieder eine Weile gehen bis ich ihn wieder einmal sehe, von hier bis nach Sacramento ist es ungefähr 300 km.

Dieses Jahr werden sehr viele Schweizer die Heimat besuchen. Es befindet sich in San Franzisco eine Schweizermusik und diese führt nun im Mai eine Schweizer Reise aus. Wie ich gehört habe, sollen sich schon bei weit über 400 Schweizer angemeldet haben. Wie manches freudige Wiedersehen in einer solchen Reise liegt, kannst Du auch selber denken.

Mein grosser Cousin Alois Föhn hat es nun schon bedeutend weiter gebracht als ich, nämlich zu einem schönen Auto. Seine Eltern würden wohl schauen, wenn er mit diesem vor sein Elternhaus in Aufiberg gefahren käme. Nun, ein Auto zu besitzen ist ja schön und in diesem Lande nichts anderes, es hat aber auch seine Schattenseiten, nämlich die Ausgaben. Kaufen kann einer bald eines, ein schöneres oder wüsteres auf Barbezahlung oder in Monatsraten auf Abzahlung. Es kommt da allerlei vor. Aber dann ist es nicht nur das kaufen, sondern es hat einer auch immer mehr oder weniger Ausgaben damit, das Benzin, Öl und die Bereifung und was es sonst noch etwa gibt. Im anderen Falle wäre eines auch schön, man müsste dann nicht immer einen fragen wegen dem Mitfahren und hier wär‘s 6 auch schon zum die Schule und Kirche besuchen. Ich denke aber es geht noch lange ohne ein solches.

Hast Du nun einmal Gelegenheit gehabt mit den beiden Marie zu plaudern? Ich hoffe, ja. Sie werden wohl kaum sehr erschrocken sein. Dem Marie habe ich letzthin auch geschrieben, will dann schauen, was es in seinem Briefe dazu sagt. Mein Bruder Josef hat sich nun scheints auch angemeldet für nach Amerika und hat mich um Geld angegangen für die Reise, wenn er einmal kommen kann, welche Bitte ich natürlich entsprechen werde. Soviel ich weiss, befindet er sich gegenwärtig am Ceneri, Kt. Tessin in der Rekrutenrutenschule.

Und nun mein lb. Käthy, bin ich wieder so ziemlich am Schlusse meiner Neuigkeiten angelangt. Ich hoffe, dass Du diese Zeilen gesund und munter erhalten und mir in diesem Briefe nichts für Übel aufnehmen wirst. Für Deinen und von Deinen lb. Eltern erhaltenen Brief sage ich noch einmal herzlich Dank, und indem ich gern wieder einmal einigen Zeilen entgegensehe, grüsst und küsst Dich innig Dein treuer

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Nb. Bitte lass auf Deinem Kuvert dein Vorname weg, die Post wird oft von Melkern geholt und braucht es ja niemand zu wissen. Schreibst einfach Abs. Betschart Bodenleger. Das Necken ist mir eben auch nicht sehr lieb. Verstehst das, mein Liebchen?

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                                  Louis Ehrler

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