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Ferndale, den 21. Dez. 1926

Theure Käthe!

Ich will Schreibzeug und Papier ergreifen um Dir einige Zeilen zu schreiben. Ich habe soeben den ersten Brief in Amerika für meine Lieben daheim geschrieben. Der Zweite gilt Dir. Vorerst wünsche ich Dir von Herzen ein glückhaftiges neues Jahr, gute Gesundheit und etwa alles Gute, was Dir der Herrgott geben kann.

Ich bin nun gut in der 2. Heimat angelangt. Mit der Reise bin ich gut zufrieden. Von Basel, von wo aus ich Dir den letzten Gruss aus der Heimat schickte, ist es gemütlich zugegangen. Durch Frankreich schliefen wir die grösste Zeit. Am Samstag mittags 12 Uhr fuhren wir vom Lande weg, einer grossen oft nicht erfreulichen Reise entgegen. Es ging aber alles schon gut. Wir hatten keinen Sturm, erbrechen musste ich mich einmal und hatte immer einen sehr guten Appetit. Die 2 Muotathaler aber waren allerdings schlechter dran. Aber nun, es haben es alle überstanden und am Dienstag konnten wir ausschiffen. Ich musste dann noch 5 Tage fahren und ich bin am Samstag gut angekommen. Es war gerade der Franz da. Ungefähr 30 Schwyzer und Schwyzerinnen waren da beieinander. Man merkte da nicht, dass man in Amerika war. Bei uns sagt man, es gäbe hier nichts zu trinken. Aber Most, Schnaps und auch zu Essen gab es da genug. Georgelt, getanzt und gespielt wurde da wie bei uns und der erste Abend ist gut abgelaufen. Nun aber, lb. Käthe, darf ich Dir schreiben, dass ich lieber einwenig bei Dir gewesen  wäre um mit Dir ein wenig s'Dorf ä, was mir, ich habe mich darüber schon oft geärgert, nie vergönnt war. Gern gehabt, vielleicht lieber als Du annimmst, habe ich Dich schon wo ich nach Frankreich ging. Und oft hab ich mich nach des Tages Müh und Lasten zu Dir gewünscht um einige Stunden bei Dir zu verweilen. Aber ich dachte, es hätte keinen Wert mit Dir anzufangen, da ich eben nichts habe als meine Gesundheit. So blieb es denn bis zum Klaustag, wo ich Dir die Hand zum Abschied drückte. Da haben mich Deine Abschiedsworte tief ergriffen und es ist mir als höre ich Dich immer noch: "Ich wünschter vo Herze s'Herrgotte Glück", die mir aber auch glauben machten, dass ich Dir auch nicht gleichgültig bin. Sei es nun mit dem wie es wolle, ich habe mein Empfinden und die Wahrheit aus Herzen geschrieben und auch nie gedacht, dass ich einem Mädchen so schreiben könnte. Aber mein Herz konnte nicht anders. Mögest Du diese Zeilen nun aufnehmen wie Du willst, Du weisst es ja am besten. Nützt es nichts, dann verbrenne diesen Brief, schreibe mir aber bitte gleich, im andern Falle wirst Du von selbst Antwort geben. Wir sind nun allerdings weit, sehr weit voneinander, aber wenn es der lb. Herrgott will, werden wir uns trotzdem wieder sehen. Wir können es ja nicht sagen, denn die Zukunft ist uns unbekannt.

Ich will nun schliessen, hoffend Du werdest diese Zeilen nicht für Übel nehmen, dann mir auch bald einige Zeilen zukommen lassen und hie und da ein wenig für mich beten, gäll. Empfange also die herzlichsten Grüsse und Küsse von

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Alois Ehrler

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