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Salinas (Calif), den 14. Jan. 1932

Mein Liebstes!

Herzlichen Dank für Dein lb. Brieflein, welches ich schon längere Zeit in Händen habe, aber erst jetzt beantworten kann, da ich über unser Verhältnis an Mr. und Mrs. Eberhardt geschrieben habe um zu sehen, was sie so über meine Ansichten denken und er beruflich abwesend war, ist die Antwort erst kürzlich erfolgt. Innigen Dank für Deine Glückwünsche und dann aber auch für Dein Anerbieten selbstlos zurückzutreten im Falle es mir in diesem Lande besser gefalle. Ich will nun versuchen, Dir meine Lage so gut als möglich klarzulegen. Gewiss gefällt es mir auf meinem Posten und ist es wie nach meiner Rückkehr schwierig eine gute Stelle zu bekommen und wäre es vielleicht das beste, wenn ich abschreiben könnte. Aber ich kann es nicht, denn Du bist mir viel zu lieb und teuer, als dass ich Dich so leicht aufgeben könnte, denn ich 2 weiss auch, dass ich nie mehr ein Mädchen so lieben könnte und dass ich überhaupt kein solches mehr bekommen würde. Wenn Du von Dir aus zurücktreten willst und Aussichten hast ein besseres Lebensglück zu machen, so magst Du es tun, ich weiss, dass ich mich daran zu halten habe und mag Dir gewiss das beste gönnen. Komme es nun zu was es wolle, aber den Vorwurf, dass Du Schuld seiest, wenn es nicht so gehen sollte, wie es muss im Falle unser Verhältnis zum Ziele führen sollte, sollst Du von mir nie hören, sondern ich will dann alles auf mich nehmen. Um aber für alles vorzusorgen, habe ich den Plan, auf Ostern heimzukommen etwas hinausschieben müssen, da ich versuche vor meiner Rückkehr noch das amerikanische Bürgerrecht zu erwerben. Ich muss nun im Mai ein Examen bestehen über die alte und neue Geschichte Amerikas und sollte ich dieses bestehen, werde ich Bürger und kann dann während zwei Jahren ohne Anstände nach Amerika zurückkehren und auch eine Frau mitnehmen. Es kostet alles 15-20 Dollar. 3

Habe darüber an Deine Verwandten in San Franzisco geschrieben und Eberhardt schrieb, dass ich recht habe, man wisse ja nicht wie es einem nach fünf Jahren gefalle in der Schweiz und die Einwanderungsgesetze wurden in den letzten paar Jahren häufig geändert und sei es somit sicherer, wenn man vorsorge. Ich habe nun im Sinn im Juni oder Juli heimzukommen und dann, ja dann kann man's wieder einmal mündlich machen. Von Messmer habe ich auch ein Brieflein erhalten auf Neujahr, aber leider ist die Antwort nicht so günstig. Die Gesellschaft müsse auch die Krise durchmachen und auf einsparen sein, er rate mir aber an die Direktion noch einmal zu schreiben, und auch bei der Arth-Rigi-Bahn zu probieren. Werde gelegentlich einmal schreiben. Und nun, mein Liebstes, was wirst Du wohl zu all diesem sagen? Es ist nach meiner Ansicht das beste für mich und auch für Dich, wenn ich es so mache, wie ich hier geschrieben habe und wenn es des Herrgott Wille ist, wird schon alles recht herauskommen. 4

Will nun zum Schluss gekommen, damit ich den Brief heute Abend mitnehmen kann, wenn ich in die Schule gehe. Es geht von 7-9 Uhr, ist etwa 15 km zu fahren, ein Weg und wird es somit ¼ vor zehn, wenn man ins Bett kommt und am Morgen am 1½ Uhr müssen wir wieder aufstehen. Etwas am 7½ Uhr sind wir mit der Arbeit fertig, dann kann man wieder ins Bett bis 12 Uhr. Diesen Winter haben wir wüstes Wetter wie noch nie und während ich diese Zeilen schreibe, geht draussen ein starker kalter Wind und fängt an zu regnen oder vielleicht bald schneien, wie es gestern morgen hat zum ersten Mal bis ins Tal hinunter, seit ich hier bin. Will nun schliessen mit diesen Zeilen, die ich flüchtig und mit kalten Finger, aber mit warmem Herzen geschrieben habe.

Verzeihe mir, wenn ich etwas geschrieben haben sollte, was Dich unangenehm berühren könnte, mein liebstes Käthy, und sei innig

gegrüsst und geküsst von Deinem treuen

 

                                  Louis

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